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Die obertonreine Stimmung Nur bei der obertonreinen Stimmung, deren Intervalle den Schwingungsverhältnissen der Obertonreihe entsprechen, ergeben sich passende Kombinationstöne. Diese Stimmung unterstützt reine Durdreiklänge und wird meist von Sängern und Bläsern angestrebt. Die Aufmerksamkeit des Hörers wird auf das "vertikale" Geschehen in der Musik gelenkt, schöne Harmonien werden zum Erlebnis in der obertonreinen Stimmung. Von der Idealstimmung abweichende Quinten erzeugen deutlich hörbare Schwebungen, abweichende Terzen dagegen falsche Kombinationstöne. Es gibt zwei Arten von Ganztonschritten: der große Ganzton mit dem Schwingungsverhältnis 9:8 und der kleine Ganzton mit dem Schwingungsverhältnis 10:9. Die Temperierung (bei Tasteninstrumenmten, besonders Orgeln), welche der obertonreinen Stimmung am nächsten kommt, ist die mitteltönige. Allerdings ebnet diese Stimmung die Unterschiede der Ganztonschritte ein, "mittelt" sie, deshalb der Name "mitteltönig".Diese Temperierung enthält reine große Terzen und toleriert zu enge Quinten. Die quintenreine Stimmung Die quintenreine Stimmung basiert auf rein gestimmten Quarten und Quinten. Die Terzen weichen gegenüber der obertonreinen Stimmung erheblich ab. Halbtonschritte in der Tonleiterskala verengen sich und es entsteht der melodische Leittoneffekt. Dieses Stimmideal ist oft bei (klassisch-romantischen) Streicherensembles anzutreffen und wurde außerdem allgemein im Mittelalter (Gotik) und in der Frühstrenaissance angestrebt. Die Aufmerksamkeit des Hörers wird auf das "horizontale" Geschehen in der Musik gelenkt, schöne Melodieverläufe werden zum Erlebnis. Man hat der Quinte spirituellen Charakter zugeschrieben und in der pythagoräischen Stimmung, die auf reinen Quinten aufgebaut ist, die Idealstimmung für Gregorianische Choräle und andere geistliche Musik in der Zeit der frühen Mehrstimmigkeit gesehen. Die heutige gleichstufig temperierte Stimmung beim Klavier, verbunden mit einer leichten Oktavspreizung (wie dies beim Klavier üblich ist), kommt dieser quintenreinen Stimmung relativ nahe. Beiden Stimmungen, der pythagoräischen und der gleichstufig temperierten, ist gemeinsam: es gibt nur eine Art von Ganztonschritt, die Halbtonschritte sind enger als bei der obertonreinen Stimmung und die großen Terzen sind extrem weit, was aber bei der speziellen Klangfarbenstruktur des Klaviers toleriert wird. In der frühen Mehrstimigkeit hatte man die pythagoräisch großen Terzen als dissonant empfunden, konsonant wurden später erst die engeren Terzen mit einem Schwingungsverhältnis von annähernd 5:4 oder 6:5. Kompromisse bei Tasteninstrumenten Bei tonhöhengebundenen Instrumenten, wie bei allen Tasteninstrumenten,
stellt sich folgendes Problem: Vier Quinten aufeinandergeschichtet und rückoktaviert
(z.B. c-g-d-a-e/e)
ergeben nicht eine wohlklingende große Terz, sondern eine um das syntonische
Komma vergrößerte große Terz. Daraus folgt, dass es
nicht möglich ist, innerhalb eines Tonartbereichs bei Dreiklangsfolgen
innerhalb des Akkords sowohl reine Quinten wie auch reine Terzen vorzufinden.
Stimmungsanweisungen für Tasteninstrumente müssen deshalb zugunsten
der Reinheit von Quinte oder Terz das jeweils andere Intervall verstimmen oder
beide Intervalle unrein intonieren. Unter dem Punkt «Ensemblespiel» ist beschrieben, nach welchen Stimmungsidealen sich ein Ensemble richtet, entsprechend der Epoche und Struktur einer Komposition.
Mit dem Modernen Portativ können all diese Stimmsysteme eingestellt, miteinander verglichen und im Consort verwendet werden. |