Schwebung
Schwebung bzw. Kombinationston


L. Mozart Violinschule
Kombinationstöne in Leopold Mozarts Violinschule 1756


Tartini Trattato
Kombinationstöne in Tartinis Trattato di musica 1754


G. A. Sorge 1744
Kombinationstöne in Sorges Stimmanweisungen 1744


Trios zu zweit, Notenausgabe Edition Floeno 1220
Kombinationston-Etüden für zwei Melodieintrumente: Trios zu zweit


Alle Intervalle
Schwebungen und Kombinationstöne
Etüden mit Kombinationstönen: Trios zu zweit

 

Schwebungen

Wenn zwei Töne mit annähernd gleicher Frequenz zusammen erklingen, schwillt die Lautstärke periodisch an und ab. Es ist jedoch nur ein Ton zu hüren, der pulsiert. Dieses Phänomen der langsamen amplitudenmodulierten Schwingungen heißt Schwebung.

Erklärung des Effekts und Berechnung der Schwebungsfrequenz bei tieferem Ton ƒ1, höherem Ton ƒ2 und Schwebung ƒS:
  ƒS = ƒ2 - ƒ1

Beispiel: a1=440 Hz

Sinuskurve

Beispiel: a1=443 Hz

Sinuskurve

Überlagerung a1=440 Hz und a1=443 Hz

Sinuskurvenüberlagerung"

Addition der beiden Frequenzen

Sinuskurvenüberlagerung

443 Hz - 440 Hz = 3 Hz   Das a1 pulsiert also dreimal in der Sekunde.

Kombinationstöne

Verschiedene Forscher haben in der Vergangenheit den Effekt des Kombinationstons auf dieselben Ursachen wie den Schwebungseffekt zurückgeführt, indem sie den Haupt-Kombinationston als eine Hüllkurvenschwingung verstehen, die sich aus der Addition der entsprechenden Kurvenpunkte zweier Töne zusammensetzt, also eine amplitudenmodulierte Schwingung. Die Lautstärke ändert sich periodisch, und zwar so schnell, dass diese periodische Lautstärkeänderung als zusätzlicher Ton empfunden wird. Physiker und Akustiker ziehen heutzutage diese Entsprechung in Zweifel. Allerdings kann man am Modernen Portativ mithilfe der Pfeifen für die Subsemitonien experimentell erkunden, wie die Hörempfindung von Schwebung auf Ton wechselt.

Wie sich das Hören von Kombinationstönen erklären lässt, ist zur Zeit noch nicht restlos erforscht. Überlagern sich die Schwingungen, wie wir es physikalisch bei der Interferenz kennen?
Oder finden wir eine Erklärung bei den physiologischen Vorgängen in unserem Ohr?
Oder entstehen die Kombinationstöne im Gehirn auf neuronaler Basis? Die Erklärung könnte möglicherweise aus einer Kombination von physikalischen, physiologischen und neuronalen Komponenten bestehen.
Siehe auch: Sind Kombinationstöne real?

Giuseppe Tartini (1692-1770), der das Doppelgriffspiel auf der Violine maßgeblich entwickelte, und der Organist Georg Andreas Sorge (1703-1778) beschrieben das Phänomen der Kombinationstöne als erste. Tartinis Entdeckung wird auf 1714 datiert, daher der Name Tartinitöne für einen Teil der heute bekannten Kombinationstöne. Sorges Ausführungen von 1744 legen nahe, dass der Kombinationstoneffekt schon sehr lange vor ihm im Orgelbau bekannt war. Auch Leopold Mozart widmete sich ausführlich dem Kombinationstoneffekt in seiner Violinschule von 1756.
(PDFs: 1. L. Mozart: Gründliche Violinschule, 2. G. A. Sorge: Anweisung zur Stimmung und Temperatur sowohl der Orgelwerke, als auch anderer Instrumente, sonderlich des Claviers).

Berechnung eines bei Blasinstrumenten deutlich hörbaren Kombinationstons bei tieferem Ton ƒ1, höherem Ton ƒ2 und Kombinationston ƒK:
  ƒK = ƒ2 - ƒ1

Aufgrund der einfachen Berechnung dieses Kombinationstones als Diffrenz beider Ursprungsfrequenzen, nennt man diesen ersten Kombinationston auch Differenzton.

Beispiel: cis2=550 Hz
  e2=660 Hz
 Kombinationston: A=110 Hz

Bei Blasinstrumenten existieren etliche weitere Kombinationstöne, die meist deutlich leiser sind. Ein zweiter Kombinationston, den man besonders bei Sexten gut hören kann, berechnet sich wie folgt bei tieferem Ton ƒ1, höherem Ton ƒ2 und Kombinationston ƒK*:
 ƒK* = 2ƒ1 - ƒ2
Bei Streichinstrumenten sind andere Effekte wahrzunehmen; insbesondere welche Kombinationstöne wie laut erklingen, unterscheidet Streichinstrumente von Blasinstrumenten.

Anhand der Partialtonreihe werden die Intervall-Verhältnisse deutlich. Daraus ergibt sich auch, welcher Differenzton gut zu hören ist:

Obertonreihe

Teilt man die Ordinalzahlen zweier Partialtöne, so erhält man das Schwingungsverhältnis des entsprechenden Intervalls, subtrahiert man diese Ordinalzahlen, so entspricht der Differenzton dem Partialton mit der daraus resultierenden Ordnungszahl. Nehmen wir als Beispiel die große Sexte, die in der Partialtonreihe vom 5. zum 3. Ton zu finden ist, so können wir daran ablesen, dass die beiden Töne der großen Sexte im Verhältnis 5 : 3 schwingen und der Differenzton dem 2. Partialton (5 - 3 = 2) entspricht, damit also eine reine Quinte unter dem unteren Ton der großen Sexte liegt. Weiterhin sieht man, dass Frequenzen, die benachbarten Partialtönen entsprechen, immer als Differenzton die Frequenz des entsprechenden Grundtones haben (Differenz der Partialtonzahlen = 1).

Folgende Phänomene fallen auf:

  • Laute und hohe Ausgangstöne, deren Intervall kleiner als eine Oktave ist, ergeben gut hörbare Kombinationstöne
  • Musikalisch falsche Kombinationstöne, deren Ursprungsintervall nicht rein ist, sind bei Blasinstrumenten fast gleichlaut wie richtig passende Kombinationstöne; bei Streichinstrumenten jedoch sind musikalisch falsche Kombinationstöne signifikant leiser als richtige.
  • Bei Streichinstrumenten kann der existierende Differenzton eine leere Saite zum Schwingen bringen, beispielsweise schwingt auf der Geige beim Doppelgriff h1-g2 die d-Saite mit.
  • Zu enge Intervalle liefern zu tiefe Differenztöne, bei zu weiten Intervallen klingt der Differenzton zu hoch.
  • Höhere Kombinationstöne entsprechen der Partialtonreihe des tiefsten Kombinationstones (Hauptkombinationston)
  • Für passende Kombinationstöne müssen die Intervalle rein gestimmt sein. Ein Sonderfall stellt der Tritonus dar: im Schwingungsverhältnis 17:12 oder auch gleichstufig temperiert, ergibt sich mit den Kombinationstönen ein verminderter Septakkord.

Übersicht der Kombinationstöne:

Name des Intervalls
(zwischen oberem und unterem Ausgangston)
1. Kombinationston (Differenzton) 2. Kombinationston
Kleine Sekunde (16:15) Vier Oktaven unter
dem oberen Ton (Grundton)
Nicht im Tonsystem
(Naturseptime)
Große Sekunde (10:9) Große Sekunde und drei Oktaven
unter dem unteren Ton
Große Sekunde
unter dem unteren Ton
Große Sekunde (9:8) Drei Oktaven unter
dem unteren Ton
Nicht im Tonsystem
(Naturseptime)
Kleine Terz Große Terz und zwei Oktaven
unter dem unteren Ton (Grundton)
Große Terz unter
dem unteren Ton (Grundton)
Große Terz Zwei Oktaven unter
dem unteren Ton (Grundton)
Reine Quarte unter
dem unteren Ton (Quintton)
Reine Quarte Zwei Oktaven unter
dem oberen Ton (Grundton)
Eine Oktave unter
dem oberen Ton (Grundton)
Tritonus (17:12) Temperierte kleine Terz und eine
Oktave unter dem unteren Ton
Temperierte kleine Terz und eine
Oktave unter dem oberen Ton
Reine Quinte Eine Oktave unter
dem unteren Ton (Grundton)
Eine Oktave unter
dem unteren Ton (Grundton)
Kleine Sexte Große Sexte unter
dem unteren Ton (Quintton)
Zwei Oktaven unter
dem oberen Ton (Grundton)
Große Sexte Reine Quinte unter
dem unteren Ton (Grundton)
Reine Duodezime unter
dem unteren Ton (Grundton)
Kleine Septime (9:5) Große Terz unter
dem unteren Ton (Grundton)
Große Terz und zwei Oktaven
unter dem unteren Ton (Grundton)
Oktave Gleich dem unteren Ton Nicht vorhanden
(Differenz = 0)

Bei der großen Septime entsteht ein Kombinationston, der nicht in unser Tonsystem passt und somit verstimmt klingt.
Die Kombinationstöne wirken im durtonalen Bereich jeweils als Grundton oder Quintton, wie in Klammer angegeben. Zusammenfassend: Kombinationtöne als Noten
Es gibt noch weitere, bei Blasinstrumenten sehr leise Kombinationstöne, die hier nicht genannt sind. Wer sein Gehör schärft, dem kann es gelingen, eine Kombinationstonreihe zu hören, die einer Partialtonreihe entspricht.
Wegweisende Erkenntnisse hierzu sind in der Dissertation von Dr. Angela Lohri enthalten.

Trios zu zweit, Intonationstraining mit dem Kombinationstoneffekt

Eine Hörschulung, welche die Wahrnehmung der Kombinationstöne miteinbezieht, führt zu einem besseren und schnelleren Intonieren im Ensemblespiel. Dies ist zum einen mit dem Modernen tonhöhenverstellbaren Portativ möglich, zum anderen aber auch mit den Trios zu zweit von Adrian Wehlte, erschienen bei EDITION FLOENO.
Zwölf Trios zu zweit dienen als Übungen zur Intonationssicherheit. Hierbei hilft das Phänomen der Kombinationstöne, die nur dann exakt stimmig sind, wenn die gespielten Intervalle vollkommen rein intoniert werden. Dieses Heft ist eine praktische Anleitung für Lehrende und Studierende, Kombinationstöne wahrnehmen zu lernen und mit ihnen bewusst umzugehen. Unter den beiden Flötenstimmen ist jeweils ein weiteres Notensystem für die Kombinationstöne - die dritte Stimme - notiert. Vorliegende Stücke sind so gewählt, dass der unsichtbare Dritte im Ensemble eine satztechnisch passende Stimme zu den beiden Oberstimmen spielt. Drei weitere Trios sind als Rätsellieder enthalten. Hierbei soll eine bekannte Melodie in der 3. Stimme, der Kombinationstonstimme, erraten werden. Die Trios machen Spass beim Spielen und eröffnen das Tor zu einer spannenden Welt, die hinter den vordergründigen Flötentönen erkundet werden kann.
Diese Intonations-Etüden können auch mit zwei Geigen, zwei Klarinetten, zwei Trompeten oder beliebig anderen Melodieinstrumenten gespielt werden. Mit dem Kauf dieses Etüdenhefts wird das Portativ-Projekt unterstützt.

Diskussionsforum zum Kombinationstoneffekt

Als Forum für Fragen und Diskussionen rund um Kombinationstöne steht www.forum.floeno.de zur Verfügung.