Hl. Cäcilie mit Portativ, um 1510

Meister des hl. Borromäus,
Hl. Cäcilie mit Portativ, um 1510
(Köln, Wallraf-Richartz-Museum)

Historisches Portativ aus dem 19. Jahrhundert

Portativ, 19. Jahrhundert
(Conservatoire Royal de Musique, Bruxelles)

Skizze des tonhöhenvariablen Modernen Portativs

Skizze des tonhöhen-
verstellbaren Modernen Portativs (Orgelmanufaktur Feuchtwangen)

Erste Website mit Startanimation

Erste Website mit
Startanimation



August 2000 Erste Vorplanungen zu einem tonhöhenverstellbaren Portativ als Intonationswerkzeug für die Fächer Gehörbildung und Ensemblespiel/ Ensembleleitung. Studien zum mittelalterlichen Orgeltyp des Portativs.

Februar 2001 Erster Besuch der Orgelmanufaktur Lutz in Feuchtwangen, bei dem die Idee eines diatonischen Portativs vorgestellt wird, das Pfeifen mit beweglichen Bärten zur Tonhöhenregulierung enthält. Die Miniatur- Orgel soll 12 auswechselbaren Pfeifen c1 - g2 und eine austauschbare Windverorgung (elektrisch bzw. manuell) haben.

März 2001 Überlegungen, das Instrument chromatisch zu konzipieren. Gedanken zu einer Hebelmechanik, mit der sich die Bärte bewegen lassen. Ein Kostenvoranschlag für ein diatonisches und ein chromatisches Portativ wird bestellt.

Juli 2001 Die Kostenvoranschläge liegen vor. Das diatonische Instrument wäre nur unwesentlich billiger als das chromatische,wobei das chromatische wesentlich mehr Möglichkeiten bietet. Trotz des erheblich höheren Gewichts wird das chromatische Instrument bevorzugt.

November 2001 Auftragsvergabe für ein modernes tonhöhenverstellbares Portativ mit 25 Tönen (c1 - c3), einem Pfeifensatz und elektrischer Windversorgung an die Orgelmanufaktur Lutz.

April 2002 Erste Entwurfsskizze und deren Besprechung - Diskussion anhand eines Mechanikmodells, ob es möglich ist, alle Stimmungen einschließlich der pythagoräischen und der mitteltönigen mit dieser Mechanik darzustellen. Es wird bezweifelt, dass es funktioniert, da die beweglichen Bärte nur einen Stimmbereich (Ziehbereich) von knapp 20 Cent ermöglichen, jedoch für manche Töne mindestens 30 Cent erforderlich wären. Die Lösung wird im Einbau von Subsemitonien gesehen (separate Pfeifen für dis/es und gis/as, eventuell noch ais/b).

Ein Orgelpositiv um 1650 in der Burgkapelle in Aufseß (Oberfranken) soll als einzige erhaltene Orgel in Süddeutschland Subsemitonien besitzen. Eine Fahrt dorthin erweist, dass die Orgel keine Subsemitonien hat.

Ibo Ortgies von der Universität Göteborg (Göteborg Organ Art Center / Internationale Orgelakademie) gibt ausführliche Informationen über Orgeln mit Subsemitonien.

Mai 2002 Klaus Schulten, Organist und künftiger Leiter der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl, wird als kompetenter Berater und Betreuer des Portativ-Projekts gewonnen.

Besuch im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg: Tastaturen von Instrumenten mit geteilten Tasten (gebrochenen Tasten) werden studiert, fotografiert und vermessen. Daraus resultierend wird erwogen, das Instrument nur mit einer geteilten Taste (dis/es) pro Oktave zu konzipieren.

Es stellt sich die Frage nach dem passenden Stimmton (a = 415 Hz, 432 Hz, 440 Hz oder 465 Hz). Außerdem wird die Idee geboren, die äußeren Maßverhältnisse des Instrument gemäß den intervallischen Proportionen zu gestalten.

Juni 2002 Festlegung des Stimmtons auf 440 Hz bei 24°C, also relativ lange Pfeifen, die Bedarf gekürzt werden können. Das Moderne Portativ soll Prinzipal-Pfeifen erhalten. Erneute Diskussion über die Anzahl der Subsemitonien.

Juli 2002 Erneute Entwurfszeichnung, Gespräch über äußere Form (Design). Studium von Abbildungen historischer Portative und auf Gemälden.

Ibo Ortgies von der Universität Göteborg empfiehlt aus historischen Gründen bei den geteilten Tasten es und gis vorne zu platzieren.
Wir entscheiden uns jedoch speziell beim Modernen Portativ dafür, durch Austauschmöglichkeit der Pfeifen offen zu lassen, ob die erhöhten oder erniedrigten Töne jeweils vorne liegen.

August 2002 Unter 7000 deutschen Stiftungen werden diejenigen herausgesucht, die für die Förderung des Modernen Portativs in Frage kommen. 16 Stiftungsanträge zur Finanzierung des Portativ-Projekts werden erstellt.

November 2002 Franz Thalhammer und Jürgen Lutz bauen einen Prototyp des neuartigen Instruments in der Orgelmanufaktur Lutz. Ein Mäzen sichert die Finanzierung des ersten Modernen Portativs.

Dezember 2002 Die Grundstimmung bei Mittelstellung der Hebel wird festgelegt. Die Pfeifen werden intoniert. Das erste moderne tonhöhenverstellbare Portativ ist fertiggestellt und verlässt die Werkstatt.

Februar 2003 Das Portativ wird erstmalig im Unterricht an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl eingesetzt. Es wird bis Juni auf Praxistauglichkeit getestet.

März 2003 Die Website www.portativ.net geht online. Jonathan Wehlte hatte die Website samt Flash-Intro erstellt.

Juli 2003 Der Praxiseinsatz offenbart Schwachstellen des Portativ-Prototyps. Folgende Verbesserungen sollen vorgenommen werden: leiserer Motor, bessere Ansprache der Pfeifen, größerer und einheitlicher Stimmbereich der Pfeifen und Optimierung des Stimmvorgangs, Reparaturen von kleineren Defekten.

November 2003 Das Portativ ist wieder in der Werkstatt und es werden weitere diverse kleine Nachbesserungen vorgenommen.

Januar 2004 Das Portativ wird mit einen neuen Pfeifensatz ausgestattet: eine weiter mensurierte Flöte mit angelöteten schmalen Bärten ersetzt den engeren Prinzipal. Der Klang ist besser, keine Pfeife spuckt mehr, der Stimmbereich ist größer geworden - damit erübrigen sich provisorischen Hütchen auf den Pfeifen.
Nachteil: Die Kombinationstöne sind nun leiser!

Der Motor bekommt eine zusätzliche Auskleidung innen und ist nicht mehr so laut.

Februar 2004 Erstes Seminar an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl Intonation im Blockflötenensemble mit dem Modernen Portativ.

April 2004 Die Dinkelsbühler Kreis- und Stadtsparkasse sowie die Bayerische Sparkassenstiftung ermöglichen finanziell den Bau eines neuen verbesserten Portativs mit mehreren Pfeifensätzen und zwei austauschbaren Windversorgungen, elektrisch und manuell für die Musikfachschule in Dinkelsbühl.

Mai 2004 Die Zeitschrift Windkanal berichtet in ihrer Ausgabe 2004-2 ausführlich über das moderne tonhöhenverstellbare Poratativ und das Intonationsseminar vom Februar an der Berufsfachschule für Musik.

Juli 2004 Vorbesprechung mit Jürgen Lutz, Klaus Schulten und Adrian Wehlte über die konkrete Ausführung eines zweiten, verbesserten Modernen Portativs und dessen Änderungen gegenüber dem Prototyp. Außerdem muss ein Versuchsaufbau klären, welche Pfeifenmensur letztendlich am geeignetsten für das Moderne Portativ ist.

November 2004 Versuchsanordnung: Modernes Portativ mit verschiedenen Testpfeifen, jeweils c2, e2 und g2. Mit einem Kondensatormikrofon wird die Schwingung aufgenommen und an einem Computer (iBook G4) sichtbar gemacht. Folgendes wurde festgestellt: Je enger die Mensur um so deutlicher ist der Kombinationstoneffekt, aber auch um so lauter und schärfer ist der Klang. Pfeifen mit Gegenphase im Kern oder langem Unterlabium bringen nichts. Erstaunlicherweise haben gedackte Pfeifen einen enorm viel größeren Stimmbereich (über 60 Cent), klingen gut, und funktionieren gut. Auch Rohrflöten haben fast so gute Werte wie gedackte Pfeifen (Stimmbereich ca. 40 Cent). Problem: gedackte Pfeifen sind viel dicker, brauchen mehr Platz und passen nur mit Mühe in das Portativgehäuse. Wir einigen auf einen offenen und einen gedackten Pfeifensatz, der eingebaut werden soll. Der Orgelbauer übernimmt für das Funktionieren der zu engen gedackten Pfeifen keine Garantie.

Dezember 2004 Spendenübergabe der Bayerischen Sparkassenstiftung und Dinkelsbühler Sparkasse sowie die Übergabe des neugebauten Portativs an die Berufsfachschule für Musik im Rahmen eines Festakts. Theo Faber und Jürgen Lutz bauten das neue Instrument in der Orgelmanufaktur Lutz, Feuchtwangen. Das Bayerische Fernsehen sendet am gleichen Tag noch einen Kurzbericht über den Festakt und Radio 8 ein Interview. Diverse Presseberichte in den Nürnberger Nachrichten sowie der Fränkischen Landeszeitung folgen. In der Festschrift zum 20jährigen Jubiläum der Berufsfachschule für Musik erscheint ein Artikel über das Moderne Portativ.

Januar 2005 Das Studio Franken des Bayerischen Rundfunks sendet einen Bericht mit Interview über das neue tonhöhenverstellbare Portativ.

Mai 2005 Das überarbeitete Portativ kehrt mit Balganlage und zweitem Pfeifensatz (gedackt) in die Berufsfachschule für Musik zurück.
Jürgen Lutz berichtet von einem Fachseminar beim Fraunhofer Institut: Eine wissenschaftliche Untersuchung ergibt, dass die stehende Welle bei enger mensurierten Pfeifen weniger über die Pfeifenenden herausreicht als bei weiter mensurierten Pfeifen. Das gilt sowohl für den Bereich über dem Pfeifenrohr als auch für den Bereich um das Labium. Deshalb ist die enger mensurierte Pfeife schlechter über Bärte beeinflussbar als die weiter mensurierte Pfeife. Dies ist der Grund, warum bei den jetzt eingebauten offenen Pfeifen der Stimmbereich nicht die geforderten 24 Cent erreicht. Es ist offenbar bei der neuentwickelten Technik der beweglichen Bärte nicht möglich, stark hörbare Kombinationstöne (engere Mensur) und einen großen Stimmbereich (weitere Mensur) gleichermaßen zu bekommen.
Anders beim gedackten Pfeifensatz: da beträgt der Stimmbereich bei den meisten Pfeifen die geforderten 24 Cent. Bei den Pfeifen mit geringerem Stimmbereich besteht ein Luftspalt zwischen angelötetem und beweglichem Bart. Die Kombinationstöne sind in der tieferen 4'-Lage gegenüber der 2'-Lage der offenen Pfeifen in der Praxis zu schwach.

Mai 2006 Konische Probepfeifen wurden geliefert. Eine Versuchsreihe mit unterschiedlichen konischen Pfeifen wird durchgeführt. Getestet werden c2, e2 und g2 in 4 Varianten: in jeweils enger und weiter Mensur mit 1/4-Konus und 1/2-Konus. Drei weitere Messungen erfolgen mit den offenen Pfeifen des ersten Portativs (Prototyp) und des zweiten Portativs, sowie mit den gedackten Pfeifen des zweiten Instruments. Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass die konischen Pfeifen einen recht großen Stimmbereich haben und die Kombinationstöne gut bis sehr gut hörbar sind [Messprotokoll als PDF].
Bei der Frage, wie die Funktionsfähigkeit des Modernen Portativs verbessert werden kann, da es folgenden Anforderungen genügen muss: mindestens 24 Cent Stimmbereich, laute Kombinationstöne und einen für die Studierenden angenehmen Klang, der im trockenen Unterrichtsraum nicht zu aufdringlich wirkt, empfehlen sich zwei Möglichkeiten:
  • ein neuer Pfeifensatz mit weiten Viertelkonus-Pfeifen
  • ein neuer Pfeifensatz mit gedeckten Pfeifen in 3'-Lage
Bei jedem Pfeifensatz muss darauf geachtet werden, dass zwischen angelötetem und beweglichem Bart kein Zwischenraum vorhanden ist.
Für die beiden Pfeifensätze werden Angebote angefordert.

März 2007 Besuch der Orgelbaufirma Rohlf in Seitzental (Schwarzwald), Erörterung der orgelbauerischen Möglichkeiten, wie ein ausreichend großer Ziehbereich und gleichzeitig laute Kombinationstöne realisiert werden können. Weitere Planungen zur Verbesserung des Modernen Portativs.

Oktober 2007 Die Mechanik wurde bei Orgelbau Rohlf optimiert, der Ziehbereich vergrößert und konische Pfeifen (Spitzflöte) angefertigt. Als optimale Voreinstellung der Stimmung erweist sich eine reine Quintenstimmung (pythagoräische Stimmung) bei ganz offenen Bärten (Hebel am Anschlag). Stimmton: 442 Hz bei 22°C

Von der ursprünglichen Idee einer modularen Konzeption des Portativs wird Abstand genommen, da nach derzeitigem Stand nur eine Pfeifenmensur in Frage kommt, die den gewünschten Zweck erfüllt. Damit erübrigt sich der Wechsel von Pfeifensätzen. Als die optimale Pfeife hat sich inzwischen die nicht zu enge gedackte Pfeife in 22/3'-Lage erwiesen.

Künftige moderne tonhöhenverstellbare Portative sollen idealerweise einen Tonumfang von g - g2 haben, außerdem schmalere Bärte, die sich weiter schließen lassen, eine besser zugängliche Mechanik und eine optimale Balganlage.

Neuere Berechnungen haben ergeben, dass die 24 Cent Stimmbereich nicht für alle Töne und alle Stimmungen ausreichen. Für Werckmeister III müssen h, fis und cis bis zu 40 Cent tiefer gestimmt werden können, bei der mitteltönigen Stimmung betrifft dies die Töne a, e, h, fis und cis, die im Extremfall (cis) 48,5 Cent Ziehbereich brauchen.

Im überarbeiteten Text der Website www.portativ.net werden die neuen Erkenntnisse eingebracht.

Januar 2008 Die 22/3'-Pfeifen sind fertig und werden zusammen mit der überarbeiteten manuellen Windversorgung in die Berufsfachschule für Musik nach Dinkelsbühl gebracht.